Schlüssel zur Entschlüsselung: der "Empfänger".

Foto: Rupert Ursin

Albert Einstein konnte sich zeit seines Lebens nicht damit abfinden. In einem 1935 veröffentlichten Artikel wurde er am deutlichsten und meldete wegen ihrer verrückten Vorhersagen ernste Bedenken an der damals jungen Quantenmechanik an. Eine der Besonderheiten - die Einstein als "spukhafte Fernwirkung" bezeichnete - geht auf Erwin Schrödinger zurück.

Der österreichische Physiker hatte behauptet, dass es verschränkte Teilchenpaare gibt, deren Wechselbeziehung auch über große Distanzen stärker ist, als es klassische physikalische Gesetze erlauben. Nun hat diese quantenmechanische Verschränkung bei einem Experiment der Forschungsgruppe um Rupert Ursin und Anton Zeilinger (Universität Wien sowie Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) ihren bisher strengsten Test bestanden, wie die Forscher im US-Wissenschaftsmagazin PNAS von dieser Woche schreiben.

Schrödingers quantenmechanische Verschränkung wurde seit ihrer Beschreibung in zahlreichen Versuchen getestet, wobei sich die Vorhersagen der Quantenphysik bisher stets bestätigt haben. Nichtsdestotrotz gibt es anhaltende Bemühungen, Versuchsergebnisse an verschränkten Teilchen nicht quantenphysikalisch, sondern innerhalb eines klassischen ("lokal realistischen") Weltbildes zu beschreiben. Dann muss man aber den Teilchen verborgene Eigenschaften zuschreiben und ferner die Hypothese aufstellen, dass es zwischen den am Experiment eingesetzten Apparaten, der Quelle der Teilchen und den Teilchen selbst eine verborgene Kommunikation gibt.

144 Kilometer Entfernung

Um diese Alternativhypothese zu widerlegen, erzeugten die Forscher 2008 auf der Kanareninsel La Palma quantenmechanisch verschränkte Paare von Lichtquanten. Von jedem Paar blieb ein Lichtquant in einer Glasfaser in La Palma, während das andere 144 Kilometer über den Atlantik nach Teneriffa geschickt und mit einem Teleskop der Europäischen Weltraumagentur ESA aufgefangen wurde.

An beiden Orten wurden dann an den Teilchen Messungen durchgeführt, die erst im allerletzten Augenblick nach einem Zufallsprinzip festgelegt wurden. Weil keine Information schneller als die Lichtgeschwindigkeit übertragen werden kann, gab es keine Chance, dass eine Seite wissen konnte, was an der anderen gemessen wurde. Ebenso wurde sichergestellt, dass die Quelle bei der Aussendung der Teilchen nicht wissen konnte, was an ihnen gemessen wird, und dass umgekehrt die gewählten Messungen die Teilchen bei der Aussendung nicht beeinflussen konnten.

"Durch eine sorgsame räumliche Anordnung aller Apparaturen und präzise zeitliche Abfolge der Teilchenpaarerzeugung, der Wahl der Messgrößen sowie der Messungen selbst konnten erstmals jedwede verborgene Kommunikation ausgeschlossen und die damit verbundenen Schlupflöcher geschlossen werden", erklärt Johannes Kofler, Mitautor der PNAS-Studie.

Für Zeilinger hat die Verschränkung somit ihren bisher strengsten Test bestanden. Alle weiteren Experimente müssten nun auf den Ideen und Konzepten dieses Experiments aufbauen. Ergebnisse untermauerten nicht zuletzt auch die Sicherheit der Quantenkryptografie und ähnlicher Verschlüsselungsverfahren. (DER STANDARD, Printausgabe, 3. 11. 2010)